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31.08.2011

Grusswort RR Christian Amsler 50 Jahre BROT FÜR ALLE


«Das Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt.»

Geschätztes Geburtstagskind, liebe versammelte Damen und Herren hier in der Konzertkirche St. Johann 

«Das Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt.» 

Nun, liebes Geburtstagskind Brot für Alle. Mit dir kann ich nicht mithalten. 50 Jahre alt bist du. Ich werde im November erst 48. Ich bin also gleichsam dein kleiner Bruder, der mit brüderlichem Stolz zu dir aufschaut und beeindruckt ist von dem, was du alles machst und leistest für die Menschheit in der grossen weiten Welt. 

Und dass vom Brot für mich als kleinen Bruder auch noch ein Krümel übrig bleibt ist nun doppelt versichert. Schon als es noch "Brot für Brüder" hiess, machte ich mir durchaus etwas Hoffnung. Nun, wo es "Brot für Alle" heisst, wirst du mich ja nicht im Stich lassen können. Es ist ja sonnenklar, dass es in einer Zeit, wo auf Gleichberechtigung geschaut wird, nicht mehr "Brot für Brüder" heissen kann. Wo blieben da die Schwestern?

Aber zugegeben. Es gibt auf dieser Welt tatsächlich Menschen, die diese Brotkrümeln viel mehr brauchen als ich, dein kleiner Bruder. Mehr als wir alle zusammen, die wir heute hier zu Schaffhausen in diesem wunderschönen Gottes- und Musikhaus St. Johann versammelt sind. 

Ja, ich bin dir immer wieder begegnet. Kann mich an dich erinnern, als ich selber ein kleiner Sonntagsschüler war in einer Schaffhauser Landgemeinde und uns die Sonntagschullehrer über deine Aktionen informiert haben und wir auch dafür sammeln durften. Später habe ich als junger Lehrerstudent sogar einige Zeit selber Sonntagsschule gegeben und durfte den mir anvertrauten Kindern von deinen guten Taten in fernen Ländern erzählen. Und auch heute verfolge ich immer mit Interesse wie und wo du deine Aktionen gestaltest. 

Und nun also der runde Geburtstag. Ein halbes Jahrhundert. 2011 feiert "Brot für alle" seinen 50. Geburtstag! Es schliesst sich ein Kreis. Ich darf meinem grossen Bruder "BROT FUER ALLE" zum Jubiläumsfest gratulieren. 

Teilen für den Weltfrieden im Namen der Gerechtigkeit. Teilen für den Weltfrieden im Namen der Gerechtigkeit - das ist ein bemerkenswertes Motto in einer Zeit wo Egoismus und Eigennutz immer mehr Überhand nehmen. 

Darf man denn bei diesem Jubiläum überhaupt jubilieren? Ist dies angezeigt in der Zeit von Unruheherden, von raschem Vergessen, von sterbenden Kindern im Sudan, von ungleich verteilten Gütern auf dieser Erde, - in einer Zeit, wo Heckenschützen noch auf Kinder und Frauen schiessen in Tripolis? 

Ja, teilen miteinander! Teilen heisst aufteilen, heisst Teil haben lassen, heisst beteiligen. Teilen heisst aber auch separieren, trennen, Verbindendes in Teile teilen….

Das Gründungsjahr 1961 war auch im negativen Sinne ein teilendes Jahr. Es wurde die Berliner Mauer gebaut, die eine Stadt, ja ein ganzes Volk geteilt und ganze Familien auseinander gerissen hat. Daran sollten wir auch denken. 

1961 wurde aber auch Juri Gagarin als erster Weltraumheld gefeiert, der WWF wurde in der Schweiz gegründet, die Banken blieben erstmals am Samstag geschlossen, weil die 5 Tage Woche eingeführt wurde, in Mitteleuropa tauchte erstmals die Antibabypille auf, die den berühmten Pillenknick einläutete. 

Aus der 1961 von den reformierten Kirchen gestarteten Sammelaktion "Brot für Brüder" ist mittlerweile ein entwicklungspolitisch profiliertes Werk geworden, das mit seinen Kampagnen und Vorstössen viel Positives in Bewegung gesetzt hat. 

Ich schaue nur auf die Sammelmotto der letzten Jahre zurück:

2006: Wir glauben. Menschenrechte fordern Einsatz. 

2007: Wir glauben. Arbeit muss menschenwürdig sein. 

2008: Damit das Recht auf Nahrung kein frommer Wunsch bleibt. 

2009: Weil das Recht auf Nahrung ein gutes Klima braucht.

2010: Stoppt den unfairen Handel. 

Nun bist du also 50, mein liebes Geburtstagskind – und jetzt? Geht es jetzt leicht abwärts. oder startest du mit Power in die nächsten 50 Jahre? Kommen jetzt die berüchtigten „Wechseljahre“?! Vielleicht werden auch Dir ein paar Hitzewallungen und schlaflose Nächte nicht erspart bleiben, wir werden wohl beide noch achtsamer mit unseren Ressourcen umgehen müssen. Doch im Gegensatz zu mir hast du es gut: Du kannst dich erneuern, verändern, ja gar verjüngen, wenn du denn möchtest. 

Seit 50 Jahren setzt sich "Brot für alle" für eine bessere, gerechtere Welt ein. Leidenschaftlich, beharrlich und verbunden mit den Kirchen und andern Partnern im In- und Ausland. Grundlage des Engagements von Brot für alle ist die Überzeugung, dass Armut und Not nur überwunden werden, wenn alle Menschen die ihnen zustehenden Rechte geltend machen können:

  • bürgerliche und politische Rechte,
  • die Gleichstellung von Frauen und Männern,
  • das Recht auf Bildung,
  • auf Gesundheit,
  • auf Nahrung,
  • auf eine intakte Umwelt
  • und auf Frieden.

Es ist unser aller Verantwortung, die Geschwisterlichkeit lebendig zu erhalten und die gesamtmenschliche Solidarität aufzubauen. Im Vordergrund der Aktionen vor Ort standen auch bei der Gründung vor 50 Jahren die individuelle Hilfe und die momentane Not. Die Aktion war eine Spendenaktion für Projekte der Missionen und des HEKS. An strukturelle Änderungen, an Entwicklungspolitik, wurde weniger gedacht. Man war überzeugt, es sei nicht Sache der Schweiz, anderenorts Strukturen zu ändern. Dass aber in weiten Teilen der Welt der Ruf nach Freiheit und Selbstbestimmung ertönte und das Ende des Kolonialismus evident war, das war allen klar. Darum setzte die Aktion einen deutlichen Akzent auf das Bildungswesen in der Dritten Welt. 

Doch nun ist Musik angesagt. Darauf freue ich mich! Das Chorprojekt St. Gallen unter der Leitung von Peter Roth nimmt Sie mit auf eine Reise nach Argentinien, Südafrika und ins Toggenburg. Die Misa Criolla des argentinischen Komponisten Ariel Ramirez, südafrikanische Gospel und die St. Johanner Messe, eine Jodelmesse von Peter Roth, werden in dieser klangvollen und festlichen Kirche St. Johann aufgeführt. 

Sie wissen, dass der grosse Nobelpreisträger Albert Schweitzer hier in Schaffhausen die Orgel gespielt hat. Er hat eine wesentliche Erkenntnis in Worte gefasst. In starke Worte. 

«Das Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt.» 

An diesen Leitsatz wollen wir uns auch künftig halten. Wir alle zusammen - BROT FÜR ALLE