Aktuelles / Notizen
SAMSÖ PAPERS ZWEI
Anlässlich eines Besuchs der Insel Samsö habe ich diese einzelnen Beobachtungen und Erlebnisse auf der Insel in Form der Samsö Papers und mit Berichten auf der Social Media Plattform aufgeschrieben. Hier ist die zweite Folge:
DER LEHMTANZ
KATJA BJORN hat das Werk „Lehmtanz – von Jora geschaffen“, das wir uns als eindrückliche Videoinstallation in einem alten Stall in Brundby am letzten Sonntag angeschaut haben. Die packenden Videoaufnahmen haben einen historischen Hintergrund:
Auf Samsø wurden Lehmfeste als gemeinsame Feier der mühsamen Arbeit veranstaltet, die es war, die Lehmwände der Bauernhäuser zu erhalten. Die Frauen übernahmen diese Arbeit – mit ihren Händen formten sie den Lehm und verputzten die Häuser. Als die Wände fertig waren, folgte eine Feier mit Essen, Musik und Tanz auf Hügeln wie dem Dansebjerg.
Ihr Werk greift diese Tradition und die Geschichten auf, die mit dem Tanz, dem Hügel und dem Lehm verbunden sind. Der Lehm wird sowohl als lokales Material als auch als planetarische Substanz gesehen – als Träger von Mythen und Geschichten. Durch den Tanz als rituelle Geste wird voller Hoffnung auf Gemeinschaft, Verwandlung und neue Erzählungen in einer Zeit hingewiesen, in der sie dringend gebraucht werden.
Folgende einheimische Samsø Frauen haben als Tänzerinnen mitgewirkt: Rona, Tine, Dorte, Vini, Splvi, Dotea, Anne-Sophie, Anette, Krista, Anne, Merete, Sysser, Hanne, LiseLotte, Inger und Bente.
Professioneller Kameramann war Jonas Klitgaard, der Musiker Jens Balder die tolle Musik und die Performerin Lisbeth Sonne stand beratend zur Seite.
The Brundby Rock Hotel
Ein sehr spezielles Gasthaus haben wir in Brundby besucht, das eigentlich ein Hotel ist, aber sich auch für Veranstaltungen aller Art eignet. Stichworte sind Restaurant, Konzerte, Seminare, Gesellschaften, Konferenzen, Lunch Café usw. Das Brundby Hotel ist unique, gehört zu keiner Hotelkette, und hat die Herzen der meisten Gäste erobert. Hier waren schon Rockstars wie „Beatle“ Ringo Starr, Joe Cocker oder Eric Clapton.
Poul Krebs, der bekannte dänische Rock-Musiker und SingandSongwriter sagt: „Es ist fantastisch, dass es einen solchen Ort in Dänemark gibt. Mit viel Bescheidenheit haben Guf und Rasmus durch ihren idealistischen Einsatz einen Status erreicht, der dem der Londoner Albert Hall oder der Carnegie Hall entspricht. Es ist ein Erlebnis, hier spielen zu dürfen. Vielen Dank dafür.“
Und anlässlich des Königsbesuchs im Sommer 2025 hatte das Hotel die Ehre Besuch vom König und der Königin zu erhalten, die hier ihr Mittagessen einnahmen.
Landart Kunst in Brundby
Gerade als wir in Samsø sind, findet ein tolles Kunst - Projekt statt: 7 Künstler und 7 Autoren arbeiten ortsspezifisch mit rund um die Mühle in Brundby. Alle arbeiten in verschiedenen künstlerischen Disziplinen mit lokalen Partnern zusammen und unter Einbezug der Bürgerinnen und Bürger und der lokalen Geschichte. Haupt-Ausstellungsort des Kolaboratoriet Projektes ist am Brundby Hovedgade 44, die Kunstwerke sind rund um Brundby zu finden.
So zum Beispiel das Werk von Molly Haslund: „Kunden von Blegebakken“. Verschütteter Fruchtsaft auf Textilien.
Ein Lied, das sie dazu geschrieben und zusammen mit Hedvig Hauge und Ole Kampe (Alstrup Amatorscene) arrangiert hat und das im Laufe des Sommers bei mehreren Gelegenheiten aufgeführt werden wird.
Eine Wäscheleine, behängt mit Tischdecken und Textilien, auf denen Saft verschüttet wurde, darunter „ANTONS Saft”, der 100 Meter von hier entfernt, in Irekanten 7, hergestellt wird. Ob die Flecken während der Ausstellungsdauer in der Sonne vollständig ausbleichen, wird sich zeigen! Der BLEGEBAKKEN hat einen historischen Hintergrund. Mit den Sonnenstrahlen wurden im 19. Jahrhundert auf dem Blegebakken Toilettenpapier und Stoffe getrocknet und gebleicht. Auf dem Hügel befindet sich auch ein Sommerhaus, das „Dir” genannt wird.
Am Mühlehügel findet sich das grossartige Landart Projekt MELLEM BAKKER & STEMMER von Elsebeth Jörgensen! Kooperationspartner war Ingrid Nolde, Pflanzenkundlerin und Freiwillige im Garten des Samso Museums
Im Gegensatz zum normalen negativen Druck von Kornkreisen auf das Getreide ist hier die Pflanzenbotschaft an den Himmel ein wachsender positiver Druck auf die Erde. In etwas, das wie Planeten in einer Perlenkette aussieht, wachsen verschiedene essbare Blumen und Pflanzen. Das Werk ist stets in Arbeit für die Vernissage. Die Pflanzen sind sozusagen ständig in Arbeit. Aber Luftfotos werden mit einer Drohne aufgenommen, wenn das Werk Ende Juli fertig ist, übersichtlich von oben, wie es ab August im Kolaboratoriet ausgestellt wird. Eine Perspektivenverschiebung kann für den Überblick und für Veränderungen notwendig sein. Das Werk kann nämlich nicht überblickt werden, wenn man zwischen den Pflanzen umhergeht, denn die gesamte Bepflanzung auf ca. 1000 m² kann nur von oben überblickt werden. Weisse Steine umgeben die Bepflanzungen und zeigen an, wo man gehen kann.
Beteiligte Künstler: Alex Mørch, Carsten Rene Nielsen, Elsebeth Jørgensen, Henrik Majlund Toft, Inge Helene Fly, Katja Bjørn, Lise Haurum, Molly Haslund, Regitze Engelsborg Karlsen, Sarah Sikorie, Susan Simonsen, Tanja Nellemann Kruse, Tomas Lagermand Lundme, Vilde Bjerke Torset.
„ICH WEISS NICHT, OB ICH ES WAGE – ABER ICH TUE ES“
Heute haben wir der Künstlerin Chris Magdalena Vilasen einen Besuch in ihrem Wohnhaus in Brundby abgestattet. Darin integriert ist die Galleri Unika Fotokunst – ein sinnlicher Galerieraum voller Ästhetik, Ruhe und Natur. Die atemberaubende Natur von Samsø wird hier mit dem Herzen gesehen
Was fällt uns sofort auf? Die Werke möchten uns sagen, dass das Grösste im Kleinen zu finden ist. Die unbearbeiteten Unika-Fotografien heben die feinen Details der Natur von Samsø hervor, die sonst dem Auge verborgen bleiben - Kunst mit Tiefe und Seele! Jedes der Werke trägt Namen wie Liebe, Scham, Vertrauen – die auf das hinweisen, was mehr gefühlt als gesehen wird. Das Galerie Unika Fotokunst ist aus einer persönlichen Heilungsreise entstanden, auf der Chris Magdalena durch Präsenz, Leidenschaft und die Kraft der Natur Dunkelheit in Licht verwandelt – in Kunst, in der sich die Natur im Menschen widerspiegelt, in einer Bewegung hin zu innerer Harmonie und Ausgeglichenheit.
Für Chris Magdalena geht es um mehr als Kunst. Es geht um Liebe, Leidenschaft und Schöpfung in einem schönen Zusammenspiel mit der Natur. Es geht darum, eine Brücke zwischen Mensch und Natur zu schlagen – durch Bilder, die Verbundenheit ermöglichen. Es geht darum, einen Raum mit ästhetischer Harmonie und emotionaler Tiefe zu schaffen, in dem die Formen, Farben und Symbolik der Natur Freude, Ruhe und Reflexion hervorrufen.
Die Künstlerin CHRIS MAGDALENA VILASEN wurde 1967 geboren und lebt seit wenigen Jahren auf Samsø . „ICH WEISS NICHT, OB ICH ES WAGE – ABER ICH TUE ES“ ist ihr Lebensmotto.
Die Mühle von Besser
Mit den Bikes haben wir einem speziellen Ort einen Besuch abgestattet: Die abgebrannte alte Mühle von Besser wird heute als Aussichtsturm und Picknickplatz genutzt! Von hier hat man einen herrlichen Blick über die Umgebung von Besser bis zum Meer.
Zwei der ehemalig 20 Mühlen von Samsø – Holtofte Mölle und To-Hoj Mölle – liegen östlich von Besser, beide als Stumpf-Mühlen errichtet. Im Jahr 1850 brannte To-Hoj Mölle nieder und wurde als holländische Mühle wieder aufgebaut. Im Jahr 1910 wurde Holtofte Mölle abgerissen und To-Hoj Mölle an eine dänische Filmgesellschaft verkauft, die es im Zusammenhang mit dramatischen Dreharbeiten im Jahr 1913 niederbrannte.
Spannend ist auch die alte Karte von Samsø aus dem Jahr 1675, auf der die Orte sowie Kirchen und alle Mühlen, die zum Teil auch als Leuchtfeuer genutzt werden konnten, sowie Meerestiefen und Sandbänke eingezeichnet sind. Bei einer Stumpf-Mühle dreht sich das gesamte Mühlenhaus um eine Achse, die auf einem festen Fuss montiert ist. Bei einer holländischen Mühle drehen sich nur der Mühlenhut und die Flügel. Daher kann das Mühlenhaus selbst viel grösser auf einem festen Fundament gebaut werden – und die Mühle hat damit eine deutlich grössere Kapazität als eine Stumpf-Mühle.
Der Ausschnitt aus der historischen Karte von 1870 zeigt die Gemeinde Besser mit den beiden Mühlen, hier Vestermölle und Ostermölle (To-Hej) genannt. Das untere Stockwerk der Mühle, das aus Bruchsteinmauern besteht, wurde später zum heutigen Aussichtsturm umgebaut. Der Bürgerverein von Besser und Umgebung kümmert sich um die Instandhaltung und 2002 wurde eine umfassende Renovierung des Turms abgeschlossen.
Eine Film-Expedition aus Aarhus nach Kelgatben
im Sommer 1913 brachte die Gemüter in Bewegung. Der junge Graf Jorgen von Skjoldborg und die mittlere Tochter Grethe verlieben sich ineinander. Musik erklingt in ihren Herzen, aber ihre Liebe ist unmöglich. Graf Jergen wird von seinem Vater ins Ausland geschickt, um Grethe zu vergessen. (Das Mollerhuset ist eine Filmkulisse). Graf Jorgen heiratet im Ausland die verarmte Baronin Tarnova. Zwei Jahre später stirbt der alte Graf. Jorgen und Tarnova kehren nach Skjoldborg zurück. (Diese Szene wurde nicht in Samsø gedreht)
Baronin Tarnova trifft auf einem Ball einen ausländischen Kunstmaler, der in Wirklichkeit ein Spion ist. Sie verliebt sich in ihn und geht eine Affäre mit ihm ein. Hier sieht man sie in der Malerei, von wo aus er mit Hilfe eines tragbaren Funktelegrafen sein finsteres Spiel in Zusammenarbeit mit einem Spionageschiff treibt. Der Spion und Baronin Tarnova werden von der Kake Grothe entlarvt. Sie fliehen zum Spionageschiff. Graf Jergen und Gretho finden zueinander und zu ihrem Liebesfrüchten, dem kleinen Svend, den sie beide für tot gehalten hatten. Hier sieht man sie in der Mole zusammen mit Grothes Vater, dem Maler. Svend hat gerade eine Explosion auf dem Spionageschiff ausgelöst, indem er einen Hebel am Telegrafenapparat betätigt hat. Gleichzeitig bricht im Pier ein Feuer aus. Der kleine Svend, Grethe und der Maler werden von Graf Jergen aus dem brennenden Pier gerettet, aber sie schaffen es nicht, den Malersohn oben zu warnen. Der Malersohn ist nun kurz davor, zu ertrinken. Im letzten Moment klettert er jedoch auf einen der Mallevinger und wird gerettet.
Ulla Fredsøe aus Nordby ist 2024 im Alter von 85 Jahren verstorben
Heute habe ich beim Besuch der Nordby Kirke und des dazugehörenden Friedhofs zufällig ein einfaches Grab entdeckt mit der Inschrift Ulla Fredsøe 5.7.1939 - 6.7.2024. Da hat es bei mir gleich geklingelt - das muss doch die Künstlerin sein, die so tolle Plakate gestaltet hat und die Samsø Briefsticker. Tatsächlich! Sie ist letztes Jahr im 85. Altersjahr verstorben. So habe ich etwas recherchiert:
Ulla Fredsøe wurde im Sommer 1939 auf Samsø geboren, in dem Sommer, in dem ihr Vater, der Reeder Louis Grau, mit der Fähre m/f Klintekongen zwischen Samsø und Jütland verkehrte und damit den Grundstein für die spätere Samsø Linien und heutige Samsø Rederie legte, genau in dem Jahr, in dem Ulla Grau das Licht der Welt erblickte. Sie wurde also in das Fährgeschäft hineingeboren und betrieb zusammen mit ihrem Mann die Sælvig-Hou Ruten ApS, das übrigens die DSB-Route nach Jütland aus dem Markt drängte. Später übernahm der Bezirk Århus die Route, die heute erfolgreich betrieben wird.
Aber es war vor allem als Zeichnerin und Malerin, wo Ulla Fredsøe sich entfaltete und sie hat Samsø als Künstlerinsel nachhaltig geprägt – sie wurde an der Kunsthandwerksschule in Kopenhagen ausgebildet und beherrschte ihr Handwerk bis ins Detail – oft konnte man Ulla in einem blühenden Strassengraben mit Pinseln, Farben und viel Inspiration antreffen. Es war auch Ulla Fredsøe, die 1979 die Idee hatte, die Samsø-Weihnachtsmarke zu schneiden und zu kleben, und viele Jahre lang stand Ulla auch hinter mehreren bunten Samsø-Plakaten in Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband von Samsø.
Als Aquarellmalerin wurde Ulla landesweit bekannt, und über viele Jahre hinweg wurden in der Galerie in Nordby Bilder, Karten und Poster produziert und an zahlreiche Geschäfte im ganzen Land verkauft. Zuletzt experimentierte sie mit Collagen und anderen neuen Techniken – ihre Ideenreichtum blieb ihr Leben lang ungebrochen. Einige Jahre lang reiste sie zu ihrem geliebten Tobago in der Karibik, um dort Aquarellkurse zu geben, und sie war auch in der Mårup-Gruppe aktiv, nicht zuletzt in der Künstlervereinigung Nylon der Kunstakademie in Århus.
Es war auch Ulla Fredsøe, die dafür sorgte, dass ein Theaterverein ins Leben gerufen wurde – in Zusammenarbeit mit Samsø Linien organisierte sie spezielle Theaterreisen nach Aarhus, wo 150 Theaterbesucher aus Samsø die Fähre von Sælvig nach Aarhus charterten, um ins Theater zu gehen – das war ein paar Mal im Jahr ein grosser Erfolg.
Nun hat Ulla Fredsøe also 2024 einen Tag nach ihrem 85. Geburtstag ihre letzten Striche gesetzt, die letzten Farben gemischt und die Pinsel für immer an den Nagel gehängt – aber sie wird ihre Arbeit sicherlich auf der anderen Seite des Regenbogens an einem ganz anderen Ort im Universum fortsetzen. Ulla Fredsøe hinterlässt ihren Mann Anton sowie zwei Kinder und deren Familien. Das Werk der Malerin - es bleibt bestehen und in bester Erinnerung!
Eine dänische Kultur - das SMØRREBRØD
Über ein feines Smørrebrød lassen die Dänen gar nichts kommen - das ist Programm, Kult und Kultur. Auf Samsø gebe es die allerbesten Smørrebrød in Besser im Søster Sidevind, hat uns eine Galeristin als Tipp mit auf den Weg gegeben. Und tatsächlich - es war einfach himmlisch. Du musst dir einen freien Tisch suchen und dann drinnen am Tresen bestellen unter Angabe deiner Tischnummer. Dann dauert es eine Weile und dann wird dir der Himmel auf Erden serviert.
Die Auswahl an Smørrebrød auf dänisch sieht man auf den Bildern. Übersetzt heisst dies dann in etwa:
Smørrebrød - 60 kr. pro Stück > 7.50 sFr.)
1 Marinierte Heringe mit Gurken, Currycreme und Schmalz auf Brot
2 Gebratene Heringe mit Zitronenmayonnaise und Frühlingszwiebeln, Gurken und Crevetten / Garnelen
3 Eier und Crevetten
4 Hühnersalat mit Sumach Gewürz und Fenchel
5 Kartoffelsalat mit Zitronenmayonnaise, Radieschen und Sprossen
6 Pastete mit Madagaskar-Pfeffer und Oliven
7 Rullepolse / Wurst mit Sky
8 Dyrlagens Natmad = „Tier Nachtmahlzeit“
9 Roastbeef mit Blutwurst und geriebenem Meerrettich
10 Gorgonzola mit Eierblume, 10 g und Oliven
11 Drei Jahre gereifter Käse oder Topfkäse mit Rum, Sky und Zwiebeln
*Alle Smorrebrod-Stücke werden auf dunklem Roggenbrot serviert.
Zuerst haben wir noch die Galerie STAKLADEN in Besser besucht, wo gerade die Künstlerin Charlotte Sølling Knudsen aus Kolding / Jütland ausdrucksstarke Bilder ausstellt. Sie war präsent, zusammen mit ihrem coolen Mann, der sie dabei unterstützte, Pfeife rauchte und sehr tollen Klavier - Jazz laufen liess.
Der Laden Søster Sidevind läuft unheimlich gut, drinnen und draussen proppenvoll und viele zufriedene, glückliche Gesichter. Keine Hektik, sondern sympathisches Beisammensein und Ruhe.
Uns hat es sehr gut geschmeckt - diese dänische Tradition muss man unbedingt erleben. Immer im Mai werden auf Samsø die besten Kartoffel - Smørrebrød von einer Jury ausgewählt. An der Spitze der Jury stehen Ida Davidsen und ihr Sohn Oscar Davidsen aus der bekannten dänischen Smørrebrød - Familie.
Die Energieakademiet - Energie - ein wichtiges Thema in Samsø
Heute Abend haben wir in der herrlichen Abendsonne mit den MTB der „Energiakademiet“ in Ballen auf Samsø einen Fotobesuch abgestattet. Natürlich war sie am Sonntagabend und in der Ferienzeit geschlossen. Mich fasziniert aber vor allem das Gebäude mit den zwei charakteristischen Langhäusern mit ihren markanten, zinkverkleideten Satteldächern, integriertem Solartechnik‑Design und der attraktiven skulpturalen Bauweise.
Das Energiakademiet wurde 2007 eröffnet. Der Bau erfolgte in den Jahren 2007–2008. Entworfen wurde die Energiakademiet von der Architekturfirma Arkitema aus Aarhus, wobei der Entwurf bereits 2005 entstand.
Website für mehr Infos: https://energiakademiet.dk/om/energiakademiet/?utm_source=chatgpt.com
Der Bau erfolgte durch lokale Handwerksbetriebe.
Die Længehuse (Langhäuser) zeichnen sich durch eine Reihe nachhaltiger und traditionell inspirierter Konstruktionsprinzipien aus:
Form und Materialien: Die Gebäude sind als doppeltes Längshausausgeführt, mit einer Zinkverkleidung, die durch schwarze Fichtenholzfelder (Gran) unterbrochen ist – eine moderne Interpretation lokaler Bautraditionen.
Tragstruktur & Fundament: Weil das Gelände auf einer ehemalig tiefliegenden Fjordbucht mit hohem Grundwasser liegt, wurde das Haus auf langen Betonpfählen über dem Gelände angehoben. Das Gebäude nutzt präfabrizierte, hoch isolierte Bauteile in Leichtbauweise, die von Passivhausprinzipien inspiriert sind – für hohe Energieeffizienz mit natürlicher Belüftung & niedrigem Energieverbrauch. Eine low‑tech‑Lösung, bei der die Hitze durch die Form der vier Giebel, die wie Schornsteine emporragen, automatisch nach oben entweicht – so wird natürliche Belüftung erzeugt. Daneben gibt es optimale Tageslichtnutzung, Sonnenschutz, begrenzte externe Wärmeverwendung und Ausrichtung hin zum lokalen, strohgefeuerten Fernheizwerk. Dazu kommt die Integration von Solarenergie: Das markante Zinkdach enthält sowohl ein verstecktes Solarkollektorsystem als auch ein sichtbares Photovoltaikmodulfeld – damit wird eigene Strom- und Wärmeproduktion möglich.
Nachhaltiger Wasserverbrauch: Das Design sieht minimalen Trinkwasserverbrauch vor, unter anderem durch Nutzung von Regenwasser zur Toilettenspülung und Ableitung überschüssigen Wassers zur Versickerung oder Wasserstellen im Gelände. Dazu kommt ein gesundes Raumklima: Durch natürliche Belüftung, Tageslicht und hochwertige Materialien entsteht ein angenehmes Innenraumklima.
Die Energieakademie sieht aus wie ein modernes Gemälde aus dem Goldenen Zeitalter in gedämpften Tönen. Die Langhäuser symbolisieren die vielen Massnahmen, die Samsø s Erfolg als Dänemarks „Insel der erneuerbaren Energien“ in 20 Jahren begründet haben. Jährlich besuchen 5.000 Gäste aus aller Welt den Standort, aber die Energieakademie ist auch eine projektorientierte Organisation und ein kultureller Leuchtturm der Kommunikation. Hier wird mit Beispielen für alternative und nachhaltige Lösungen gearbeitet, die funktionieren. Samsö ist voll von alten, idyllischen Bauernhäusern. Doch die modernen Langhäuser der Energieakademie zeigen, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist.
Die Insel ist technologisch auf dem neuesten Stand, mit neuen Wärmepumpen, Flachsisolierung und Energielösungen, die zu einem gesunden Bankkonto beitragen. „Auf Samsö sagen wir, dass wir die Kälte eindämmen müssen, damit die Wärme so lange wie möglich im Haus bleibt“, sagt Jan Jantzen von der Energieakademie. Die äussere Ästhetik der Energieakademie mag in ihrem Gesamtausdruck kühl wirken. Die langen Zinkdächer sind mit vier Giebelenden versehen, die sich wie Schornsteine aufrichten. Dies ist eine Low-Tech-Lösung für die natürliche Belüftung, da die Wärme immer nach oben steigt. Die Gebäude haben keine Holzöfen oder Ölkessel, sondern sind an das örtliche, mit Stroh befeuerte Fernwärmenetz angeschlossen aus dem Heizwerk, das sich etwas ausserhalb der Ortschaft Ballen befindet. Ausserdem haben die Gebäude eine schöne, bleigraue Oberfläche, auf der sich zwei Solarpaneelsysteme befinden, die den Standort mit Strom versorgen.
Fokussiert wird auf die Gegenwart und die Zukunft! Die Langhäuser sind in gedämpften nordischen Farben gehalten. Grau ist die vorherrschende Farbe. Einige der grössten Meister der Kunst haben die graue Palette benutzt, um uns die Tiefe der Gefühle der Farben zu zeigen. Die Energieakademie strahlt Präsenz aus. Wenn man abends am Gebäude vorbeifährt, könnte man meinen, sie hätten vergessen, das Licht auszuschalten, aber sie haben einfach ein neues Lichtdesign installiert, das mit dem Sternenhimmel konkurriert. In den Häusern herrscht reges Treiben, wenn Projektbesprechungen, Managementkurse oder die Vereinsmitglieder zu Gast sind.
Samsø ist der Ort in Dänemark, an dem die meisten Ölheizkessel pro Einwohner verschrottet wurden. Erreicht wurde dies durch gezielte Kampagnen und Energieberatung in den letzten 20 Jahren und dank der gut informierten Berater auf der Insel, die sich über die technologischen Entwicklungen in den Bereichen Heizung, Strom und Wasser stets auf dem Laufenden haltsen.
Wanderung am Strand und in den Hügeln von Mårup Havn
Vom kleinen Hafen Mårup Havn geht es dem Steinstrand entlang bis zum Kap. Unter steilen Sandwänden und Molasseklippen führt der Pfad direkt am Meer auf steinigem Untergrund. Nun öffnet sich der Blick auf die kleine Insel Tunø und mit einer sehr guten Fernsicht auf die Stadt Åarhus auf Jütland. Jetzt geht es einen sanften Wiesenweg durch ein Tal durch die schöne Hügellandschaft des Nordbybakken hinauf. Braune und schwarze Kühe mustern uns aufmerksam und fragen sich, was denn die Schweizer Bergler hier in den Samsø Hügeln zu suchen haben. Oben angekommen öffnet sich der Blick auf beide Seiten zu den beiden Meerarmen, einerseits dem Samsø Belt und andererseits dem Åarhus Sund. Nun geht es durch sanfte Wiesen an wunderbar gelegenen Ferienhäusern vorbei wieder sanft runter in den Fischerhafen von Mårup Havn. In der feinen Hafenbeiz gibt es Hancock Cola und einen feinen Frikadellerfisk.
Die Windmühle von Brundby
An einem der schönsten Aussichtspunkte der Insel thront die alte Holzmühle von Brundby. Eine Augenweide, wie sie sich majestätisch in den blauen Himmel erhebt. Von hier hat man einen grossartigen Ausblick 360° über die Insel bis hin zum blauen Meer bei Ballen, wo wir wohnen. Im ganzen Umland sieht man immer wieder die erhabene landschaftsprägende Mühle, die ganz einfach aus allen Perspektiven eine Augenweide ist.
Brundby Stubmolle ist eine der nur 16 Bockwindmühlen, die noch in Dänemark erhalten sind. Anhand der Proben für die Holzalterbestimmung wurde festgestellt, dass diese Mühle vielleicht nicht die älteste, aber immerhin die zweitälteste Bockwindmühle des Landes ist. Die Bockwindmühle mahlte erstmals Anfang des 17. Jahrhunderts auf der Nachbarinsel Endelave Mehl. 1683 wurde sie verkauft und nach Samsø gebracht, wo sie auf der Erhebung „Dansebjerg" südlich von Brundby aufgestellt wurde. 1817 wurde die Bockwindmühle erneut an einen anderen Ort gebracht und am jetzigen Standort auf dem Hügel „Kolhoj" aufgestellt, wo sie bis 1939 in Betrieb war. 1939 wurde der Betrieb eingestellt, als die Mühlenachse brach und das Kreuzwerk beschädigt worden war. Am 17. November 1939 ging die Mühle in den Besitz des Vereins zur Erhaltung der Bockwindmühle über. Dieser versuchte, die Mühle mit Mitteln zu warten, die bei Sommerfesten in Brundby gesammelt wurden.
1961 wurde die Mühle wegen ihres kulturhistorischen Wertes unter Denkmalschutz gestellt und 1965 wurde mit der Instandsetzung der verfallenen Mühle begonnen. Der Mühlkörper war 1968 fertig und die Flügel wurden 1972 angebracht.
1983 übernahm die Besitzervereinigung für die Brundbyer Bockwindmühle die Mühle und 2010 wurde eine umfassende Restaurierung eingeleitet. Die Mühle wurde komplett demontiert und Kolhoj stand fast vier Jahre lang leer. Am 14. August 2014 wurde die Mühle erneut eingeweiht und wird heute von einem aktiven Mühlenverein gewartet und vorgezeigt.
Die Bockwindmühle steht auf einem Bock (Sockel), der von einem Kreuzfuss gehalten wird und mit einem Drehmechanismus versehen ist. Mithilfe des Drehwerks an der Rückseite lässt sich das gesamte Mühlenhaus drehen, wenn die Flügel in den Wind gedreht werden, um die Windkraft optimal auszunutzen. Das Mühleninnere besteht aus einem Mahlboden (oberste Ebene), auf dem das Getreide gemahlen wurde, und einem Mehlboden (unterste Ebene), auf dem die Säcke mit Mehl befüllt wurden.
Im Eingang des Brundby Rock Hotels habe ich ein tolles Ölgemälde entdeckt, das die Brundby Mühle an einem kalten Wintertag zeigt mit einem von zwei Pferden gezogenen Pferdeschlitten. Zum Glück ist bei unserem Besuch so ein herrlicher, warmer Tag!
BESSER KIRKE - DIE KIRCHE VON BESSER
Eine der schönsten Kirchen Dänemarks ist die Besser Kirke, die weiss in den blauen Samsø Himmel strahlt. Heute haben wir ihr einen ausgedehnten Besuch gewidmet.
Die Kirche von Besser wurde Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut und ist somit eine der ältesten Kirchen der Insel. Sie liegt ein Stück von Besser und dem Pfarrhof entfernt, ist aber gut von den fünf zur Kirchgemeinde gehörenden Dörfern Besser, Langemark, Torup, Osterby und Alstrup aus zu erreichen. Der hohe Kirchenraum wird von den Gewölben aus der Zeit um 1475 dominiert, das Altarbild stammt aus dem Jahr 1589 und die Kanzel aus dem Jahr 1602. Die hübschen Kronleuchter der Kirche haben jeweils 16 Leuchten.
Die Kirche von Besser ist sagenumwoben. Es geht unter anderem folgende Erzählung um: „Die Kirche von Besser sollte auf dem Hügel Lammelokke direkt beim Pfarrhof erbaut werden. Alle Materialien waren angeschafft worden und man hatte mit dem Bau der Mauer begonnen. In der Nacht aber wurde alles zu dem Hügel gebracht, auf dem die Kirche jetzt steht. Drei Mal wurden die Materialien zurückgebracht, aber sie kamen jede Nacht aufs Neue zurück. Dann gab man auf und baute die Kirche am jetzigen Standort. Als die Kirche errichtet worden war und zum ersten Mal mit der Glocke geläutet werden sollte, flog sie aus einem der Schalllöcher im Turm in einen Dorfteich, der sich etwas von der Kirche entfernt befand. Die Glocke wurde jedoch wieder geborgen und im Turm aufgehängt, aber der Dorfteich heisst bis heute Glockenteich."
Wie oft im Seefahrerland Dänemark hängt ein Modelschiff (Kirchenschiff) an der Decke. So finden wir in der Kirche Besser das grossartig gefertigte, dreimastige Kriegsschiff mit dem Namen „Fredens Minde” (Friedensdenkmal), in gelber Schrift auf einem grünen Schild am Heck sichtbar. Wahrscheinlich wurde es um Dank für den Frieden von 1814 gestiftet. Der Rumpf ist aus einem einzigen Stück Holz gefertigt, vermutlich Lindenholz; das Deck ist aus Kiefernholz. Die Galionsfigur ist in Form einer nach unten blickenden Frau in einem langen, faltigen Gewand angebracht.
Das Heck zeigt sich mit offenen, rundbogigen Fenstern auf zwei Etagen, getrennt durch einen Balkon; an den Seiten befinden sich muschelförmige Ornamente. In der Mitte des Balkons Medaillon mit den gelb gemalten Großbuchstaben „IIHL“ sowie „1814“ auf schwarzem Hintergrund. Dann sieht man noch eine jüngere Plattform mit Landgangstreppe aus Eisenblech auf der Steuerbordseite.
Die Bemalung besteht aus zwei Farbschichten, von denen die innere vermutlich die ursprüngliche ist. Der Rumpf ist oberhalb der Wasserlinie schwarz und darunter grün; die Gangways sind weiss, die Falltüren rot und die Ornamente in Wess, Rot und Grün gehalten. Aufgehängt an einer Eisenstange mit schwarzen und weissen Streifen wurde dieses wunderschöne Schiff im Gurtbogen zwischen dem zweiten und dritten Fach des Schiffes. Ich habe mächtig Freude an diesem Juwel im Kircheninnern.
Fischerhafen Stavns und Fischen auf Samsø
Heute kamen wir auf unserer Biketour am idyllischen, kleinen Fischerhafen von Stavns vorbei. Hier kann man den Geist der alten Samsø fischer noch sehen und riechen. Samsøs vielfältige Küsten bietet haufenweise Möglichkeiten zum Angeln. Hornfisch, Meerforelle, Meeräsche, verschiedene Arten Flachfisch (Scholle) - und wenn man etwas Glück hat - sogar Kabeljau. Die Meerforelle ist wohl die begehrteste Beute für Angler und kann das ganze Jahr über gefangen werden.
Samsø hat keine Bäche oder andere Frischwassergewässer und das macht sich bemerkbar im Winter und der frühen Frühlingsfischerei. Erst im April erwachen die Küsten wirklich zum Leben, wenn Schwärme von Meerforellen in den in Richtung Süd-südost gelegenen flachen Becken mit dunklem Grund liegen. Im Mai kommt der Hornhecht nach Samsø. Sie sammeln sich in grossen Mengen im Stavnsfjord und wenn die Sonne scheint kann man sie unter der Oberfläche des Wassers schimmern sehen.
Ende Mai kommen die ersten Meeräschen nach Samsø wo man sie in tieferen Stellen als dunkle Schatten am Grund stehen sehen kann. Sie sind eher schwer zu fangen aber man kann sie mit einer Fliege oder Brotstücken überlisten. Sie bleiben den ganzen Sommer auf Samsø und verschwinden erst im September wieder.
Im September kommt die Meersäschenfischerei zu seinem Ende und es ist wieder Hochsaison für das Meerforellenangeln bis Ende Oktober. Der Oktober ist auch der beste Monat zum Flachfischangeln mit guten Möglichkeiten für Flunder u.a.. Als Bub habe ich in Samsø vor allem auf Dorsch und Flunder geangelt und dabei viele Stunden am Wasser verbracht.
Schloss Brattingsborg
Im Jahr 1870 begann der Bau des heutigen Hauptgebäudes von Schloss Brattingsborg und 1898 fertiggestellt. Das im neugotischen Stil erbaute Gebäude ist von englischen Trends inspiriert. Die Nebengebäude aus dem Jahr 1870 gehören zu den ersten Gebäuden in Dänemark, die aus Beton errichtet wurden. Das Anwesen Brattingsborg umfasst 2.376 ha und damit fast ein Viertel der Fläche von Samsø. Der 6 ha grosse Park ist von englischen Landgärten inspiriert und fügt sich harmonisch in die umgebende Landschaft ein.
Heute wird das Anwesen Brattingsborg von Anders Danneskiold Lassen verwaltet. Mit 20 Mitarbeitern wird es als modernes Unternehmen mit den Schwerpunkten Landwirtschaft, Schweinezucht, Forstwirtschaft, Jagd und Vermietung von Wohnraum geführt. Im Jahr 2008 begann Brattingsborg in Zusammenarbeit mit Dansk Supermarked mit der Produktion von fünf Brotsorten, die in allen Føtex- und Bilka-Filialen verkauft werden. Im Jahr 2010 wurde das Geschäft um den Verkauf von Kartoffeln erweitert.
Bild: Im Farbring auf dem Dach des Museums AROS in Aarhus
Åarhus
Wir haben gestern die dänische Stadt Aarhus auf Jütland mit der Speedfähre besucht. Wir mögen Museen, spezielle Läden, Architektur, spezielle Orte und eher nicht so den üblichen Tourismus Mainstream. Aarhus ist eine super spannende Stadt, besonders wenn man abseits von den üblichen typischen Tourismuspfaden unterwegs ist.
Toll ist die öffentliche Bibliothek DOKK1 direkt am Hafen. Direkt beim „The View“ in der Mitte des Geländes befindet sich The Gong. Kristine Roepstorffs The Gong ist 7,5 Meter lang, wiegt drei Tonnen und ist die grösste Röhrenglocke der Welt. Wenn ein Kind im Universitätskrankenhaus Aarhus in Skejby geboren wird, können die Eltern im Krankenhaus einen Knopf drücken, der ein Signal sendet, das den Arm freigibt, der den Gong in Dokk1 läutet. Auf dem Gong sind ein Sonnenmotiv und ein Unendlichkeitssymbol eingraviert, die neues Leben symbolisieren.
Literatur Kunstprojekt auf der Insel Samsö von Tomas Lagermand Lundme
Ich kann deine Liebe sicher morgen spüren (Texte darüber, wie es sich im Hier und Jetzt auf Samsø anfühlt, jung zu sein)
Es ist nicht alles Gold, was glänzt auf Samsø. Der Autor und bildender Künstler Tomas Lagermand Lundme (*1973) hat neun Jugendliche der Insel Samsø gebeten, ihre Gedanken zu formulieren und hat deren Aussagen auf Dänisch aufgeschrieben. Das hat mich anlässlich meines fünfwöchigen Besuchs auf der Insel im Kattegat interessiert und darum habe ich die Texte ins Deutsch übersetzt mit der Hilfe von DeepL.
Dies stimmt auch nachdenklich. Es ist ein Bild einer zweifelnden, unsicheren Jugend hier in Dänemark, aber durchaus dann und wann auch mit aufblitzenden Hoffnungsstreifen am Horizont. In jedem Fall spannend zu lesen. Und in der Schweiz würde es wohl ähnlich tönen. Jugendliche leben heute in einer unsicheren und unstabilen Welt, die tausend Fragen aufwirft.
Tomas Lagermand Lundme sagt zu seinem Werk: „Meine Arbeit „Ich kann deine Liebe sicher morgen spüren“ ist eine Reihe von Aussagen von Jugendlichen, die auf Samsø leben. Sie haben anonym eine Reihe von Fragen zum Leben als Teenager auf der Insel beantwortet. Als Autor, Dramatiker und bildender Künstler habe ich ihre Aussagen zu kleinen Plakaten, Aufklebern und Ansteckern verarbeitet. Auf diese Weise ist man mit seinem Schmerz nicht allein. Man kann ihn auf sich nehmen, auch ganz wörtlich, aber vor allem sehen, verstehen und anerkennen, dass manche Dinge immer noch schwer auszusprechen sind. Wir leben in einer sehr sichtbaren Zeit, in der es immer noch ein großes Tabu ist, mit unsichtbaren Schatten, Schmerzen, Krankheiten, Gedanken oder Diagnosen zu leben. Dies ist keine Ausstellung von etwas oder jemandem, aber durch einen künstlerischen Raum und eine künstlerische Handlung kann man eine Kultur des Schweigens durchbrechen, die für junge Menschen durchaus durchbrechbar erscheint. Kunst kann der erste Schritt sein.
Einige der Aussagen werden von den Jugendlichen selbst getragen. Es handelt sich nicht unbedingt um ihre eigenen Aussagen, sondern um eine zusammenhängende und respektvolle Art, Solidarität mit denen zu zeigen, die dies gesagt und geschrieben haben. Jugendliche setzen sich auf den Hügel. Junge Menschen bewegen sich durch die Strassen der Stadt.
Das Gleiche können auch andere Menschen tun. Kinder, Jugendliche und alte Menschen.
Die Werke selbst sind flüchtige Statements, nichts, was dauerhaft präsent ist.
Aber getragen von Zusammenhalt und Respekt für diejenigen, die kämpfen.“
Jugendlicher 1
Ich weiss nicht, was mir fehlt. Ich weiss nur, dass da etwas ist. Es ist wie etwas in mir. Nicht, dass ich es ständig spüren könnte. Aber es ist da. Etwas, das mir fehlt.
Ich glaube, so ist es einfach. Ein Gefühl des Fehlens. Sehnsucht ist etwas anderes. Das scheint etwas Trauriges zu sein. Ich glaube nicht, dass es etwas ausmacht, dass mir etwas fehlt, denn ich weiss ja nicht, was es ist. Ich glaube, wenn ich herumlaufen und mich nach etwas sehnen würde, würde ich mich schlecht fühlen. Das ist nicht der Fall. Zumindest glaube ich das nicht. Jedenfalls nicht so oft. Ich fühle zu viel, um mir darüber eine Meinung zu bilden.
Nein, ich fühle, dass ich oft sehr allein bin. Ich denke nicht, dass ich einsam bin. Es ist wie etwas anderes. Ich bin gerne allein. Nein, das stimmt eigentlich nicht. Ich bin gerne allein zu Hause, weil ich weiss, dass es nur für eine gewisse Zeit ist. Ich weiss, dass mein Bruder nach Hause kommt. Oder meine Mutter. Ich habe auch eine Katze. Wenn ich sie nicht hätte, wäre ich wahrscheinlich einsam. Und nicht allein. Dann wäre es etwas anderes. Eine Angst vielleicht.
Jugendlicher 2
Ich muss mich jeden Tag darauf konzentrieren, nichts Dummes zu tun.
Ich hatte noch keine richtige Freundin. Ich habe es ein paar Mal versucht. Aber ich weiss nicht, ob ich das wirklich will. Jedes Mal war ich es, der Nein gesagt hat, als es darauf zuging. Oder ich habe nicht Nein gesagt.
Ich habe die Person einfach gemieden. Es ist schwierig, wenn es jemand aus der Schule ist. Ich glaube, es ist besser mit Freunden, wenn man nicht zu viel Zeit miteinander verbringt, denn wenn man dann keine Freunde mehr ist, muss man sich nicht mehr sehen. Ich glaube nicht, dass ich schon bereit bin für eine richtige Beziehung. Ich könnte mir das eigentlich auch nicht vorstellen. Ich finde es gut, dass das erst in einiger Zeit passieren soll. Später. Wenn ich Lust dazu habe und mich nicht dazu gedrängt fühle.
Jugendlicher 3
Ich verschliesse oft meinen Mund mit Schweigen.
Ich werde immer richtig wütend, wenn wir Fußball spielen. Es ist egal, ob ich in der Mannschaft bin, die gewinnt oder verliert. Als ich jünger war, wurde ich so wütend, fast zornig, dass ich mich darüber erbrach. Hinterher. Als ich nach Hause kam. Oder ich ging auf die Toilette und tat es, damit niemand aus dem Verein es bemerkte. Ich weine viel. Das mache ich immer noch. Aber niemand weiss das. Ich werde wütend über Dinge. Meistens über Kleinigkeiten. Nicht so wütend. Aber wütend, und dann fange ich an, mir selbst eine Menge Dinge vorzuwerfen. Wirklich viele Dinge. Auf einmal. Dann weine ich hinterher. Das gibt mir irgendwie Luft. Innen ist es immer anders als aussen.
Jugendlicher 4
Ich möchte mutiger sein, als ich bin. Ich möchte auch grösser wirken. Aber mein grosser Bruder ist auch nicht so gross. Wir ähneln am meisten unserer Mutter. Von unserem Vater haben wir nichts geerbt. Wenn ich ihn sehe, möchte ich ihn oft gerne öfter sehen, aber ich mag seine neue Freundin nicht. Sie haben auch zwei Kinder zusammen, die mich nicht mögen. Ich möchte eigentlich am liebsten glücklich sein, aber ich schaffe es nicht wirklich. Oder doch, aber dann muss ich so viel Energie aufwenden, um mich selbst zu belügen. Und dann grüble ich hinterher darüber nach. Das bereitet mir auch Kopfschmerzen. Eines Tages erzählte ich das meinem Bruder. Er sagte, das geht vorbei. Hast du das auch schon mal so gehabt? Er nickte und sagte, dass er das immer noch so habe. Ich glaube, das liegt daran, dass wir unserer Mutter ähnlich sind. Ich kann nachts hören, wenn sie sich ärgert.
Ich glaube nicht, dass jemand hören kann, wenn ich mich ärgere. Das möchte ich jedenfalls nicht.
Jugendlicher 5
Ich kann nicht an alles glauben, wenn ich nicht einmal an mich selbst glaube. Aber ich hoffe auf viele Dinge. Zunächst einmal, dass es nirgendwo Krieg gibt. Und dass es auch keinen Hunger gibt. Und vielleicht auch nicht so viel Hitze an einem Ort und Kälte an einem anderen. Das ist unfair. Ich hoffe sehr, dass ich aufwachsen und ein besserer Erwachsener werden kann als meine Mutter und mein Vater. Sie haben wahrscheinlich ihr Bestes gegeben, aber ich finde, sie haben es nicht so gut gemacht. Sie haben viel an sich selbst gedacht. Ich hoffe, dass ich aufwachsen und jemand werden kann, der viele andere Menschen so richtig akzeptieren kann. Ohne so zu tun als ob. Aber ich weiss es nicht. Oft hoffe ich auch auf sehr seltsame Dinge. Ich finde Systeme. Dinge, die passieren müssen. Meine Katze muss das Erste sein, was ich sehe, wenn ich die Tür zu meinem Haus öffne. Wenn die Katze nicht das Erste ist, was ich sehe, ändere ich das, gehe mit dem Müllsack hinaus, komme wieder herein und stelle fest, dass die Katze nun das Erste ist, was ich sehe. Ich kann solche Dinge im Laufe eines Abends ein paar Mal tun, wenn ich die Idee nicht loswerden kann. Meine Mutter und mein Bruder lassen mich das tun. Ich glaube, sie wissen, was ich mache, denn ich bringe den Müll nie raus, wenn die Katze das Erste ist, was ich sehe, wenn ich nach Hause komme. Es bedeutet wohl Unglück, wenn die Katze schwarz ist. Meine Katze ist weiss. Ich weiss nicht, was das bedeutet.
Jugendlicher 6
Niemand weiss, wie empfindlich ich eigentlich bin.
Ich weiss nicht, ob ich etwas erwarte. Ich finde, jedes Mal, wenn ich so etwas mache, werde ich enttäuscht. Es ist, als würde ich mir etwas zu Weihnachten wünschen, von dem ich weiss, dass meine Mutter es sich nie leisten kann, und dann kauft sie einfach etwas, das daran erinnert, und ich werfe es am Ende schnell weg. Ich erwarte wahrscheinlich viel von
mir selbst, aber es ist trotzdem seltsam, daran zu denken, denn wahrscheinlich werde ich auch davon enttäuscht sein.
Mein Körper ist ein Gefängnis, in das ich mich jeden Tag selbst sperre.
Jugendlicher 7
Ich habe oft Angst. Ich habe das noch nie jemandem erzählt. Mir wird davon übel. Ich kann mich sogar davon übergeben.
Ich habe dann so einen großen Knoten im Magen und im Hals. Das Gefühl ist so stark! Nicht, wenn es nur die Angst ist. Ich kann die Angst ein wenig verschwinden lassen, wenn ich etwas Physisches tue, das mir wehtut. Früher habe ich mich oft mit Feuerzeugen verbrannt. Damit habe ich aufgehört. Meine Mutter hat es entdeckt.
Wenn ich allein zu Hause bin und ständig über Dinge nachdenke, die ich nicht kontrollieren kann, schlage ich meinen Körper gegen die Wand. Das mache ich meistens im Winter. Im Sommer ist es schwer, blaue Flecken zu verstecken. Ich muss auch daran denken, ob ich am nächsten Tag zum Fussball gehen soll. Es ist am besten für mich, Angst vor dem nächsten Tag zu haben, denn dann verschwinden die meisten Flecken vor dem Training am Mittwoch.
Jugendlicher 8
Hallo Angst, was machen wir heute?
Ich zweifle an allem. Das ist ein grosses Problem für mich. Ich glaube, dass alle lügen. Ich glaube niemandem. Ich sage es nie laut. Ich tue nur so, als würde ich an alle möglichen Dinge glauben. Aber das tue ich nicht. Ich finde auch, dass es immer schlimmer wird. Als ich noch ein Kind war, waren mir die meisten Dinge egal. Ich vermisse oft dieses Gefühl der Gleichgültigkeit. Das habe ich nie wieder. Ich bin meistens nur unsicher und zweifelhaft. Ich habe auch angefangen, immer mehr schüchtern zu werden. Das hat jetzt erst bei meinem Bruder aufgehört, und er ist fünf Jahre älter als ich. Ich will keine fünf Jahre haben, in denen ich so ängstlich bin.
Jugendlicher 9
Mein Gesicht ist zu einem leeren Spiegel geworden, den alle für mich halten.
Ich möchte jemand sein, den andere mögen. Jemand, den andere lieben. Ich glaube auch, dass viele mich für okay halten. Ich bin nicht so gut in Liebesbeziehungen, weil ich es nicht mag, mit jemandem allein zu sein. Ich mag es am liebsten, wenn mehrere zusammen sind. Ich bin nicht so gut darin, derjenige zu sein, der viel redet oder entscheidet, was wir tun sollen. Ich mag es lieber, wenn X das macht. Nicht weil ich es spannend finde, was er sich ausdenkt, was wir tun sollen, sondern weil ich mir dann selbst nichts ausdenken muss. Ich könnte mir gut vorstellen, dass ich sowohl Jungen als auch Mädchen lieben könnte und mir so etwas egal wäre, aber dann müsste ich wohl mit dem Fussball aufhören. Aber ich wünschte, es gäbe jemanden, nur einen, der mich mit Haut und Haaren lieben könnte. Nein, weisst du was? Ich weiss nicht, was das bedeutet. All das über mich.
Biografie
Tomas Lagermand Lundme (geb. 1973) wuchs in Amager auf. Er debütierte 1998 mit dem Roman „Forhud” (Vorhaut) und hat eine Vielzahl von Büchern für Kinder, Jugendliche und Erwachsene geschrieben, Theaterstücke und Drehbücher für Hörspiele, Comics, Dokudramen, Filme und Fernsehserien. Er arbeitet auch als bildender Künstler. Insbesondere seine Werke für Jugendliche haben ein grosses Publikum gefunden, weil er über verbotene Liebe, eingeschränkte Identität und unterdrückte Sexualität schreibt. Und über psychische und physische Gewalt in Hass- und Selbsthassverbrechen, bei denen wir sowohl beim Täter als auch beim Opfer waren. Angst und Furcht haben viele Gesichter, was immer sein Ausgangspunkt ist. Nichts ist schwarz und weiss, sondern tief in einem nuancierten Verlauf von Systemen, Lebensbedingungen und Umgebungen verwurzelt.
(Anmerkung: Tomas Lagermand Lundme hat (leider) keine Website oder Social-Media-Kanäle.)