Aktuelles / Notizen

06.11.2017

Festrede 20 Jahre Hochrheinkommission HRK


Präsident RR Christian Amsler

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Festakt 20 Jahre Hochrheinkommission
6.11.17 | ab 19:00 Uhr (Grusswort 19:30 Uhr) | Haus der Wirtschaft in Schaffhausen
Regierungsrat Christian Amsler, Präsident der Hochrheinkommission

Grenzen begleiten uns in allen Lebenslagen, zwischenmenschliche und geographische. Hüben und Drüben, diesseits, jenseits, Licht und Schatten. Der Mensch als Individuum setzt Grenzen. Grenzen der Hoffnung, fliessende Grenzen, aufgehobene, offene Grenzen, grenzenlos öffnet sich die Freiheit unseres Seins bis vielleicht ein anderer Grenzen setzt. Doch geografische Grenzen trennen Länder, Gemeinden. Grenzzäune, Grenzbewachung sind Zeichen der territorialen Abgrenzung eines bisweilen eigentlich gemeinsamen Gesellschafts- und Kulturraums.

Aber heute ist ein Jubeltag! Geschätzte Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen, geschätzte Honorationen von hüben und drüben. Ganz herzlich willkommen zu 20 Jahre Hochrheinkommission HRK unter dem Motto "Zwei Länder - eine Region: Der Hochrhein verbindet."

Als Präsident der HRK freut es mich natürlich, dass ich Sie alle in meinem Wohnkanton Schaffhausen begrüssen darf. Schaffhausen ist auch ein typischer Grenzkanton. 1740 Grenzsteine kann man entlang der Landesgrenze auf unserem Gebiet zählen, 152 km Grenze zu Deutschland und 33 km zu den beiden Nachbarkantonen Zürich und Thurgau. Die gesamte Grenzlänge beträgt 185 km. Die Schaffhauserinnen und Schaffhauser leben tagtäglich mit der Grenze und wissen auch damit umzugehen. So wie Sie alle auch, geschätzte Freundinnen und Freunde von den Anrainer-Landkreisen und den Kantonen.

Ja, wo sind sie denn, die Grenzen am Hochrhein? Sicherlich auf dem Papier und an den Grenzsteinen ersichtlich, vielleicht bei einigen Themen auch in den Köpfen präsent, aber im Prinzip doch nur ein willkürlicher Strich auf der Landkarte.
Wir alle sind die Menschen des Hochrheins, diese grüne, blaue Lebensader verbindet uns und führt in unserem gemeinsamen Raum zu den gleichen Fragestellungen, Freuden, Leiden und Herausforderungen, die das Leben sowieso mit sich bringt, - auch ohne Hochrhein und Hochrheinkommission.
Aber wir stellen uns seit 20 Jahren gemeinsam diesen Herausforderungen - gemeinsam statt einsam. Gut so! Wir alle freuen uns darüber!

20 Jahre HRK heisst auch, dass wir alle nicht möchten dass bei der Grenze Schluss ist. Es geht weiter, Schlagbäume können umgangen werden. Trotz der erzieherischen Botschaft an die Kinder, dass man Grenzen auch respektieren soll, gibt es auch diejenigen Grenzen, die man bewusst überschreiten darf und muss. Die Grenze hier am Hochrhein ist eine solche.

„Nur wer Grenzen überschreitet, schafft neue Verbindungen.“ Und: „Es gibt im Prinzip keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für die Gefühle. Die Angst allein setzt die Grenzen.“Haben wir erst einmal unsere Grenzen festgelegt, so müssen wir sie scheinbar auch verteidigen. Doch müssen wir das wirklich immer? Bei der Berliner Mauer wurde die Verteidigung aufgegeben.
Dass die Berliner Mauer verschwand, ist für mich der Beweis, dass Träume sich nicht begrenzen lassen und dass der Freiheitswille alle Grenzen überwinden kann.

In den 90er Jahren herrschte eine grenzüberschreitende Aufbruchsstimmung, Pionierarbeit wurde auf allen Ebenen geleistet – auf großer wie hier auf regionaler Bühne. Weltweit war nach dem kalten Krieg eine politische Neuordnung im Gange. Europa wuchs stärker zusammen – man wollte ein Europa ohne Grenze für Güter, Verkehr, Waren und Dienstleistungen.

Dies äußerte sich auch in der neuen Regionalpolitik der EU: im Jahr 1990 wurde das erste Interreg-Förderprogramm aufgelegt – bis heute ein wichtiges Förderinstrument der Grenzregion. Denn man hatte erkannt: Europa beginnt an seinen Grenzen zu leben! Die Schweiz – obschon nicht in der EU – sah ebenfalls Sinn und Nutzen bei Interreg und so waren zu Beginn bei Interreg I bereits 14 Kantone und bei Interreg II auch der Schweizer Bund beteiligt. Regional am Hochrhein waren die Akteure durch die Rheinanlieger-Konferenz oder auch das Strukturmodell Hochrhein verbunden – diese informelle Zusammenarbeit verdeutlichte aber klar: es braucht ein gemeinsames politisches Gefäss.

In diesem Geiste wurde die HRK geboren. 1992 lehnte das Schweizer Stimmvolk einen Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ab, den kommunalen und regionalen Politikerinnen und Politikern hier vor Ort war aber klar: die Grenzregion am Hochrhein braucht Kooperation und Nachbarschaft – oder besser gesagt – die Grenzregion braucht eine eigene Stimme.

Pessimisten empfanden die vermeintliche Randlage des Hochrheins als nachteilig, die politischen Zentren Bern und Stuttgart bzw. gar Berlin als zu weit entfernt. Doch die Optimisten und Macher der 1990er Jahre sahen die Grenzregion als Raum voller Chancen und Möglichkeiten. Und so wurde aus einer Nachbarschaft eine „Machbarschaft“.

Nun, die Hochrheinkommission (HRK) wurde am 17. September 1997 in Laufenburg (CH) gegründet, zwischen dem Kanton Aargau, den Landkreisen Lörrach und Waldshut sowie dem Land Baden-Württemberg. Auf der rechtlichen Basis einer Kooperationsvereinbarung nach dem Karlsruher Übereinkommen (KaÜ) verfolgt sie seither vor allem das Ziel, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Hochrhein auszuweiten und zu vertiefen.

Mit der HRK war ein Gremium entstanden, das einen regelmäßigen Kontakt der Regionalpolitikerinnen und -politiker sicherstellte und dafür sorgte, dass der Gesprächsfaden nie abriss. Nicht nur die politische Ebene wurde vernetzt: Mit Fachausschüssen wie beispielsweise der Bildungsrat der HRK oder auch die Fachgruppe Tourismus brachte man auch Fachpersonen zusammen, um den Austausch zu ermöglichen und gemeinsame Projekte auf die Beine zu stellen. Ob grenzüberschreitende Lehrerfortbildungen, Schulleiterkonferenzen, die Erstellung einer gemeinsamen „Dreipärke-Radtour“, welche unsere schönen Landschaften vernetzt oder die gemeinsame Kommunikation der touristischen Angebote – die Fachleute wissen bis heute die Unterschiede Deutschlands und der Schweiz hier vor Ort zu nutzen und eine Chance daraus zu machen. Gemeinsam von und miteinander zu lernen.

Bis Juni 2006 beschränkte sich das Tätigkeitsgebiet der Hochrheinkommission primär auf den aargauisch-baden-württembergischen Grenzraum. Am 28. Juni 2006 wurde der Kanton Schaffhausen als Partner in die HRK aufgenommen und die Zusammenarbeit auf der Basis einer neuen Kooperationsvereinbarung geregelt. Das ich Sie heute in Schaffhausen begrüßen darf ist somit ein Zeichen des Wachstums und Erfolgs der Hochrhein-Kooperation.
Seit 2011 hat der Kanton Zürich als Beobachter in der Hochrheinkommission Einsitz. Und heute sogar am Festakt mit dem geschätzten Kollegen RR Ernst Stocker was uns sehr freut und ehrt.

Gemeinsam kann man mehr bewegen: das haben die beiden letzten Jahrzehnte gezeigt. Die HRK bot die Möglichkeit, sich politisch für die Grenzregion einzusetzen, sei es für die Elektrifizierung des Bahnhofs bei Waldshut, sei es mit Blick auf die Zukunft für die direkteste Verkehrsverbindung, die wir am Hochrhein haben, für die Hochrheinbahn, für ihre Elektrifizierung und weitere Angebotsverbesserungen. Dabei ist das Besondere bei der Arbeit der HRK, die starke kommunale Verwurzelung, denn die HRK wird nicht nur von den Regierungsräten, der Regierungspräsidentin und den Landräten getragen, sondern gerade auch von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Stadtammännern oder Gemeindepräsidentinnen und –präsidenten.

In der Zeit der starken Individualisierung, der Selbstbezogenheit und der ICH AG sieht jeder die Grenzen seines Gesichtsfeldes als die Grenzen der Welt an. Viele Menschen wissen aber gar nicht, wo ihre Grenzen liegen, weil sie sie einfach noch nicht gesucht haben.

Ich wünsche uns allen zum Jubiläum, dass alle möglichen und möglichen Grenzen, an die wir stossen, uns immer - immer - einen Weg für unsere Träume offen lassen mögen. Dieser heutige Abend erinnert uns an die stürmische Aufbruchzeit der 1990er Jahre – im späteren Verlauf möchten wir aber auch einen Blick in die Zukunft wagen. Wie wird die Region in 20 Jahren – im Jahr 2037 aussehen? Oder anders gefragt: wie wollen wir unsere Region bis dahin gestalten und prägen? Den Fragen nach der Zukunft sind wir übrigens in den letzten Monaten auch innerhalb der HRK nachgegangen. An der heutigen Plenarversammlung der HRK konnten wir unsere neue Strategie verabschieden.

Wir freuen uns, dass heute ein Teil der „ersten Generation Hochrhein“ – der Gründergeneration der Hochrheinkommission unter uns ist. Wir, der aktuelle Vorstand der HRK stellen die zweite Generation, die in Amt und Würden Einfluss auf die Region nimmt und ihre Weichen stellt. Was möchten wir der nächsten Generation mit auf dem Weg geben? Welche Erfahrungen können wir teilen und welche Tipps geben wir der nächsten „Generation Hochrhein“ mit auf den Weg? Und was sagt die „künftige Generation zu unserer Region“? Sie sehen, ich freue mich auf die spätere Podiumsdiskussion!

Mein Künstlerfreund Peter Rottmeier, ein Thurgauer Holzschnitzer, hat einen Holzschnitt mit dem Titel „Offene Grenze“ gemacht. Dazu schreibt er: „Grüne Grenzen sind offene Grenzen. Irgendwo im Niemandsland. Unbewacht. Und dann ist es die goldene Spur, die den Weg in die Freiheit weist. Vom Grün der Hoffnung in sonnige, goldene Zeiten. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Mir scheint, die Hochrheinkommission ist dieser goldenen Spur gefolgt - und soll es auch in den nächsten 20 Jahren tun.

Herzliche Gratulation an unser Geburtstagskind! Schön sind Sie alle hier und feiern mit!