Aktuelles / Notizen

27.05.2013

Master für alle Lehrerinnen und Lehrer


Artikel in der NZZ am Sonntag

Durch einen Mastertitel sollen wieder mehr Männer zum Primarlehrerberuf gelockt werden. Ausserdem weist der LCH darauf hin, dass auch im Ausland die Ausbildung in diese Richtung gehe. Nicht einverstanden mit diesem Vorschlag ist Christian Amsler, Chef der D-EDK. Er will eine weitere Akademisierung vermeiden. Ausserdem koste diese Übung Geld, das momentan nicht vorhanden sei.
Katharina Bracher berichtet in der NZZaS vom 26.5.

Sechs Semester dauert die Ausbildung zum Primarlehrer heute normalerweise. Reicht die Zeit, um junge Lehrer auf die gestiegenen Anforderungen im Unterricht vorzubereiten? - Nein, findet der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH). Aus diesem Grund verlangt der Verband in einem neuen Positionspapier den Master als Mindeststandard für alle Primarlehrer: «Lehrpersonen der Primarstufe schliessen ihre Grundausbildung mit einem Master ab», lautet die Forderung. Gemäss Präsident Beat Zemp soll jedoch nicht allein der theoretische Teil ausgebaut werden, sondern vor allem der praktische. «Wir schlagen eine berufsbegleitende Masterstufe vor, welche Praxis und Theorie eng miteinander verknüpft», sagt Zemp. Ein Grund für diese Forderung ist die zunehmende Komplexität der Aufgaben, mit der sich ein Berufseinsteiger konfrontiert sehe. Gemeint sind unter anderem Gespräche mit zunehmend anspruchsvollen Eltern, mehr Kinder ohne Deutschkenntnisse, aber auch der Umgang mit Gewalt oder Missbrauchsvorwürfen an Schulen. In der Volksschule seien zunehmend solche Spezialkenntnisse gefragt, schreibt der LCH. Viele Schulen seien darum dazu übergegangen, Expertinnen anzustellen. Gemeint sind etwa Sozialarbeiterinnen, Sprachlehrer für ausländische Kinder und interkulturelle Vermittler. Künftig sollen Lehrer wieder dazu befähigt werden, diese Aufgaben von Anfang an selbst zu übernehmen.

Das Begehren des Lehrerverbands ziele aber nicht nur auf die gestiegenen Anforderungen in der Schule ab, wie Zemp erklärt. «Wir wollen Lehrpersonen mehr Karrierechancen bieten. Damit lassen sich auch wieder mehr Männer für den Beruf begeistern.» Dabei geht Zemp von der Annahme aus, dass sich Frauen in erster Linie für den Lehrerberuf entscheiden, weil sie damit Familie und Beruf besser vereinbaren können. «Für Männer ist der Aspekt der Laufbahnentwicklung im Beruf sehr wichtig», stellt Zemp fest. Anders gesagt: Ein Master strahlt mehr Prestige aus und verspricht Lohnzuwachs - beides hält man beim LCH offenbar für typisch männliches Verhalten bei Karriere-Entscheidungen.

Der Master für alle ist auch ein erklärtes längerfristiges Ziel der pädagogischen Hochschulen, vertreten durch die Rektorenkonferenz. Laut deren Präsident Johannes Flury sei der Moment zur flächendeckenden Einführung angesichts der Sparvorhaben in diversen Kantonen allerdings noch nicht gekommen.

Entschieden gegen eine weitere Akademisierung des Lehrerberufs ist Christian Amsler, Präsident der Deutschschweizer Konferenz der Bildungsdirektoren. «Der Master muss freiwillig bleiben», findet der Schaffhauser Erziehungsdirektor. Der Abschluss bedinge eine Masterarbeit, und diese schreibe man im stillen Kämmerchen. «So eignet man sich bestimmt nicht mehr Kompetenzen für den Unterricht an», sagt Amsler. Ausserdem koste die Verlängerung der Ausbildung eine Stange Geld, und obendrein verschlimmere sie den in vielen Kantonen virulenten Mangel an Lehrpersonen. Darüber hinaus sei er überzeugt, dass es in der Bevölkerung gar nicht gut ankomme, wenn irgendwann sogar Kindergärtnerinnen einen Master vorweisen müssten. «Schlecht fürs Image», lautet Amslers abschliessendes Urteil.

Der Dachverband der Lehrer sieht das freilich anders. Für Zemp ist der Master auf Primarstufe Pflichtprogramm, auch weil die internationale Entwicklung in der Lehrerausbildung sowieso in diese Richtung gehe. In Teilen Deutschlands, in Österreich und in Finnland habe man bereits auf den Master in der Lehrerbildung umgestellt. «Diesem Trend kann sich die Schweiz nicht entziehen, wenn sie ihre Lehrpersonen nicht schlechter auf dem Arbeitsmarkt stellen will als Lehrer aus den Nachbarländern, die zunehmend auch in der Schweiz unterrichten», ist Zemp überzeugt. Das Problem des Lehrermangels werde durch die Verlängerung bestimmt nicht verschärft, im Gegenteil: Durch die berufsbegleitende Masterstufe werde das Problem abgefedert, weil Lehrer in Ausbildung im Unterricht eingesetzt werden könnten.

Schulbesuch in der Schule Hallau