Aktuelles / Notizen
Zäune überwinden!
Eröffnung: Sonntag, den 3. Juni 11.00 Uhr
Vernissage mit Musik und Begrüssung von Regierungsrat Christian Amsler, Kasinogässchen 5
Liebe Künstlerinnen und Künstler
Liebe Vernissagenbesuchende und Zäuneüberwinderinnen und -winder
Ja, dieser Titel der Ausstellung ist voller Symbolkraft, und ich gratuliere zu dieser Titelwahl. Da kann man so viel Reichhaltiges, Wichtiges, Mutmachendes erkennen und entdeckt sogleich, worum es den Ausstellungsmachenden eben auch noch geht neben der Präsentation von wunderbarer Kunst.
Zäune verschiedenster Bauart baut man z.T. aus ganz trivialen Gründen: Man will keine Katzen im Garten, man schützt den Gartenteich vor Kleinkindern, man setzt eine Grenze und sagt damit "Aber hier ist der Grund meiner!", man schützt sich vor Einblicken, man will den Verkehrslärm etwas abdämpfen usw.
Über die Ostertage war ich mit meiner ganzen Familie in Berlin und dort ist die Dimension Zäune - oder eben Mauern - überwinden überall spürbar. Nun atmet die Stadt wieder, das Leben pulsiert und die grossen Ereignisse verschieben sich wieder mehr weg vom Kuhfürstendamm in den ehemaligen Osten bei Alexanderplatz und Prenzlauer Berg, wo auch früher historisch die Lebenszentren dieser Riesenstadt mit je rund 40 km Ausdehnung waren. Hier in Schaffhausen West überwinden wir Zäune in einer viel kleineren Dimension.
Als Erziehungsdirektor war ich berührt, als ich auch auf diesen Artikel gestossen bin - und Sie sehen den Titel. Zäune überwinden. Hier hat eine Realschule eine Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus durchgeführt und den Zaun als starkes Symbol benutzt.
Als ich mir ein paar Gedanken gemacht habe zu diesem schönen Ausstellungstitel, bin ich auf einen weiteren hochspannenden Aspekt von "Zäune überwinden" gestossen. Hatten Sie schon einmal einen Traum, in dem ein Zaun vorgekommen ist? Die Traumdeutung sagt dazu folgendes: Zäune in Träume stehen meist für soziale Barrieren oder Klassenschranken,- möglicherweise spiegeln sie jedoch auch das Bedürfnis des Träumenden nach Privatheit wider. Vielleicht ist er sich der Grenzen, die ihm eine Beziehung auferlegt, bewusst und spürt ihre einschränkende Wirkung auf sein Leben. Andererseits könnte der Zaun ein Symbol für die Schwierigkeiten sein, die der Träumende damit hat, sich selbst auszudrücken. Zaun kann für das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit stehen. Oft erkennt man darin auch Hindernisse, die man manchmal selbst errichtet hat, weil man sich zu wenig zutraut und dadurch selbst einschränkt. Und die Traum-Psychologie sagt dazu: Der Zaun hat im Traum eine ähnliche Bedeutung wie die Wand. Auch er kann Schutz und Geborgenheit bieten. Er kann für den Träumenden aber auch ein Hindernis darstellen. Überklettern wir es, werden wir auch im Wachleben das Hindernis auf unserem Weg zum Erfolg beiseite räumen können. Bleiben wir daran hängen oder zerreissen wir uns an einer Zaunlatte die Kleidung, müssen wir in nächster Zeit vorsichtig taktieren, um nicht im Leben hängenzubleiben, das heisst, einen Misserfolg zu erleiden. Gelangt der Träumende in seinem Traum an einen Zaun oder ein Hindernis, so muss er sich besonders anstrengen, um es zu überwinden.
Und sehen Sie, das ist genau der Moment, um den Ausstellungsmachern zu danken für ihre Idee des Zäuneüberwindens. Ich danke ganz herzlich dem Verein Arte Profundis und damit auch Michèle Hürlimann und Thomas S. Ott. Der Verein Arte Profundis hat den Zweck, Kunst zu fördern.
Im Bereich der Darstellenden Kunst sollen Theaterprojekte in organisatorischer, finanzieller und gestalterischer Hinsicht unterstützt werden. Insbesondere setzt sich der Verein eine vertiefte Auseinandersetzung mit der gesprochenen Dichtung zum Ziel. Im Bereich der Bildenden Kunst sollen Künstler in organisatorischer und finanzieller Hinsicht unterstützt werden. Insbesondere sollen Akademien für die Ausbildung im Bereich der Bildenden Künste geschaffen werden. Bekannt ist bspw. die Sommerakademie in Rheinau.
Unser Dank geht an die Künstler!
Caroline Bachmann, Irma Bucher, Josef Briechle, Sandra Fehr-Rüegg, Markus Fehr, Thomas Grandy, Michelle Hürlimann, Tobias Mattern, Ruedi Mösch, Elisabeth Mundwiler, Trudi Tanner zeigen uns ihre Werke, sind damit Multiplikatoren und schaffen Mehrwert auch für zwischenmenschliche Begegnung über den Zäunen.
Warum baut man eigentlich einen Zaun? Warum muss man überhaupt Zäune überwinden? Ich habe in diesem Quartier nicht den Eindruck, dass man sich voneinander abtrennt, separiert und gar einbunkert. Und doch hat es auch hier einige Zäune. Immer mehr Grenzen werden aber zaunlos, verfliessen und öffnen sich ganz. So insbesondere auch unsere Landesgrenzen. Darum gratuliere ich Ihnen dazu, dass dies hier auch möglich wird im Wohnquartier rund ums Kasinogässchen und gleichzeitig im Wohnquartier unseres Stadtpräsidenten Thomas Feurer.
Machen wir noch einen kurzen Blick aufs kommende Rahmenprogramm in den nächsten Wochen:
Heute spielt Jörg Wette und ich danke ihm sehr dafür.
Am 10.06. um 11.00 Uhr liest Alfred Wüger, ein begnadeter Kenner der Literatur, wunderbarer Schreiber und Maler. Und dann ist er noch frisch verheiratet, und ich kann es bezeugen, weil ich dabei war!
Am 16.06. um 14 Uhr tanzt Riho Iwamatsu und am Flügel spielt Hartwig Joerges.
In der Zeit der ICH AG, der weit verbreiteten Selbstbezogenheit, in einer Zeit von Hektik, Globalisierung, Rastlosigkeit, aber auch Oberflächlichkeit bekommen die kleinsten Zellen wie Familie, unmittelbare Nachbarschaft und Quartier eine ganz neue wichtige Dimension und Funktion. Ich danke Ihnen, dass es heute hier möglich wird,
- · in private Gärten reinzublicken,
- · wunderbare Kunstwerke zu erleben in einer persönlichen Umwelt
- · und gemeinsam Zäune zu überwinden.
Setzen wir das nicht nur heute, sondern jeden Tag um!
Schaffhausen, 26. Mai 2012 / RR Christian Amsler