Aktuelles / Notizen

25.06.2019

Förderpreise und Atelier 2019


Grusswort Regierungsrat Christian Amsler

Grusswort Regierungsrat Christian Amsler zur Verleihung der Förderbeiträge und Atelierstipendien in der Kammgarn West und Laudationes 

Mittwoch, 26. Juni 2019 

Liebe Kulturschaffende

Sehr geehrte Damen und Herren, Vertreter und Vertreterinnen aus Kultur und Politik, geschätzte Medienschaffende 

Ich freue mich sehr, Sie als Kulturdirektor im Namen von Kanton und Stadt Schaffhausen ganz herzlich zur heutigen Verleihung der Förderbeiträge von Kanton und Stadt Schaffhausen sowie der Atelierstipendien des Kantons Schaffhausen in der Kammgarn West begrüssen zu dürfen. 

Besonders begrüsse ich Dr. Raphaël Rohner, der als Stadtrat für die Kultur zuständig ist und der mit mir zusammen die Förderbeiträge überreichen wird. 

Wie immer stehen die Kulturschaffenden bei den Förderbeiträgen und Atelierstipendien im Mittelpunkt. Und das ist gut so und gewollt, denn sie haben einmal mehr gezeigt, dass sie spannende und innovative Projekte entwickeln, neue Ideen kreieren und ausprobieren, aber auch beharrlich an der Weiterentwicklung des eigenen künstlerischen Schaffens arbeiten. Es liegt in der Natur der Sache, dass künstlerisches Arbeiten eine Wirkung nach aussen sucht. Dass die Arbeit aber, wenn sie nach aussen wirkt, auch Kritik und Widerspruch provoziert, ist die Kehrseite. Deshalb danke ich allen, die sich für einen Förderbeitrag oder ein Atelierstipendium beworben haben für die Bereitschaft, sich dem kritischen Urteil des Kuratoriums zu stellen. Das Kuratorium freut sich immer wieder, die verschiedenen Bewerbungen beurteilen zu dürfen, im Wissen darum, dass dort, wo juriert wird, Entscheide fallen müssen. Das heisst aber auch, dass nicht alle Bewerbungen berücksichtigt werden können. Wir können daher gut verstehen, dass diejenigen Kulturschaffenden, deren Bewerbungen nicht berücksichtigt werden konnten, enttäuscht sind. Kanton und Stadt Schaffhausen sind allerdings sicher, dass das Kuratorium nach bestem Wissen und Gewissen seine Entscheide fällt. Nur schon die Amtszeitbeschränkung der externen Fachexpertinnen und Fachexperten im Kuratorium von maximal acht Jahren verhindert, dass immer die gleichen Augen, immer die gleiche Haltung, immer die gleichen Präferenzen die Bewerbungen beurteilen. Zudem ist es keineswegs so, dass die Mitglieder des Kuratoriums ihre Sichtweisen nicht anpassen und weiterdenken würden. Ich danke im Namen von Regierungs- und Stadtrat bestens für die engagierte, kenntnisreiche, kompetente und leidenschaftliche Arbeit im Kuratorium. 

Das Kuratorium besteht aus folgenden Persönlichkeiten: Alexandra Blättler, Kunsthistorikerin und freie Kuratorin, Moritz Müllenbach, Musiker und Komponist, Andrea Reiter, Expertin für Literatur und Film, sowie Michael Rüegg, Co-Leiter des Fabriktheaters Rote Fabrik, der in diesem Jahr den Vorsitz bei den Beratungen des Kuratoriums übernahm. Ergänzt wird das Kuratorium durch Cristina Baumgartner Spahn, Leiterin des Rechtsdienstes des Erziehungsdepartements, die als Vertreterin des Kantons Schaffhausen im Kuratorium Einsitz hat, und Elisabeth Schraut, als Vertreterin der Stadt Stein am Rhein sowie Jens Lampater, den städtischen Kulturbeauftragten. Da der diesjährige Vorsitzende des Kuratoriums Michael Rüegg leider verhindert ist, wird Jens Lampater anschliessend im Namen des Kuratoriums den Bericht zu den Förderbeiträgen abstatten. 

In diesem Jahr werden die Förderbeiträge zum achtzehnten Mal verliehen. 2002 starteten wir von Kanton und Stadt Schaffhausen mit dieser gemeinsamen Fördermassnahme. Was wir damals entwickelten, hat sich bewährt. In diesen 18 Jahren wurden zusammen mit der heutigen Verleihung über 100 Förderbeiträge ausgerichtet. 

Die Atelierstipendien für einen je sechsmonatigen Aufenthalt im vom Kanton unterhaltenen Atelier in Berlin konnten zum fünfzehnten Mal ausgeschrieben werden. Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen, dass sich das Atelier als Fördermassnahme bewährt, und es ist spannend zu verfolgen, wie sich die einzelnen Stipendiatinnen und Stipendiaten über die vergangenen Jahre hinweg mit der Stadt Berlin auseinandergesetzt haben. Cristina Baumgartner Spahn wird im zweiten Teil im Namen des Kuratoriums den Bericht zu den Atelierstipendien abstatten. Lassen Sie mich noch ein Wort zum Standort Berlin sagen. Die Rückmeldungen, die wir von den Stipendiatinnen und Stipendiaten erhalten, sind jeweils positiv. Es scheint also nicht so zu sein, als wäre Berlin, das sich nach dem Mauerfall vor 30 Jahren zu einem Magneten für Kulturschaffende aus aller Welt entwickelte, passé und nicht mehr attraktiv. Das Gegenteil ist der Fall, weshalb wir überzeugt sind, mit dem Standort Berlin eine auch nach 18 Jahren gute Lösung zu haben. 

Ich danke allen Helferinnen und Helfern vor und hinter den Kulissen, die den heutigen Anlass organisiert haben. Ganz besonderer Dank gebührt Monique Baumann an der Querflöte und Adrian Brenneisen an der Gitarre, die uns musikalisch durch den Anlass begleiten. 

Ich danke aber auch der Crew der Kammgarn West für die Organisation bestens. Es ist schon Tradition, dass wir die Verleihung jeweils an wechselnden Orten durchführen, an Orten, an denen Kultur gemacht und gezeigt wird. Dass wird dies heute in der zwischengenutzten Kammgarn West tun können, freut uns sehr, an dem Ort, an dem die Hallen für Neue Kunst ihr Zuhause hatten. 

Schliesslich danke ich Ihnen allen für Ihr Kommen. Am heutigen Tag befinden wir uns für einmal nicht in Konkurrenz zu einem sportlichen Grossereignis, denn auch die Fussballweltmeisterschaft der Frauen hat heute spielfrei. Es muss also nicht auf den Beginn einer zweiten Halbzeit geschielt werden. So können Sie mit uns ganz frei von sportlicher Konkurrenz einen hoffentlich schönen und interessanten Abend verbringen. 

Im Anschluss an den offiziellen Teil wird ein Apéro serviert und wir freuen uns darauf, mit Ihnen anzustossen. 

Laudationes zu den Preisträgern 

Förderbeitrag von Kanton und Stadt Schaffhausen 2019 

Philipp Albrecht und Min King

In begeisterten Kritiken schuf die Presse nach ihrem ersten Album ein neues Genre: Mundart-Soul. “Mundart ist nicht unser Konzept, wir sind eine Soulband” entgegnete Min Kings Sänger Philipp Albrecht. Er könne sich auf Englisch nicht so ausdrücken, wie er möchte. Mit wortspielerischer Poesie und doch dieser Bescheidenheit schmiegt sich der Schaffhauser Dialekt scheinbar mühelos in den saftigen Sound von Min King. Schon das zweite Album zeigte: auf der Suche bleiben und nicht Erfolgspfade austrampeln. Für ihr drittes Album hat sich die Band vorgenommen, vermehrt die Unmittelbarkeit von Aufnahmen aus dem Proberaum wirken zu lassen. Das Kuratorium ist gespannt auf die Plattentaufe und Konzerte und freut sich, die Produktion mit einem Beitrag von 35’000 SFr. zu ermöglichen. 

Marc Dusseiller

Das Kuratorium freut sich, Marc Dusseiller mit einem Förderbeitrag in der Höhe von 28’000 SFr. auszuzeichnen.

Marc Dusseiller ist in Bezug auf die Lancierung, Vernetzung und die Weiterentwicklung der internationalen Bewegung Hackteria eine Hauptfigur und aus der Szene nicht mehr weg zu denken. In den mittlerweile 10 Jahren seit der Gründung von „Hackteria / Open Source Biological Art“ hat sich ein globales Netzwerk entwickelt, welches sich mit einem Ansatz der radikalen Transdisziplinarität, wie auch einer Offenheit zum Amateurismus in der Auseinandersetzung Themen der Biologie durch künstlerische, wissenschaftliche und DIY (do-it-yourself) Praktiken widmet. Im Rahmen von jeweils 1-2 wöchigen Veranstaltungen trafen sich regelmässig eine Vielzahl von internationalen Teilnehmern, um gemeinsam in kollaborativer Praxis an neuen Projekten zu tüfteln, ihr Wissen durch Workshops und Präsentationen untereinander und mit der Öffentlichkeit zu teilen und durch interdisziplinäre Zusammenarbeit eine neue Sprache und Methodik zu entwickeln.

Im Hinblick auf das 10-jährige Jubiläum 2019 möchte das Kuratorium den grossen Einsatz von Marc Dusseiller würdigen und den Forschungs- und Produktions-Aufenthalt in Taiwan mit einem grosszügigen Betrag unterstützen. 

Judith Kakon

Das Kuratorium freut sich, Judith Kakon mit einem Förderbeitrag von 25'000.00 SFr. auszuzeichnen.

Als konzeptuell arbeitende Künstlerin ist sich Judith Kakon der aktuellen Rhetorik, den Werten und dem Bildverständnis der heutigen Zeit sehr bewusst. Vor diesem Hintergrund entwickelt sie mehrteilige Arbeiten, die sich unter dem Sammelbegriff der Installation am besten beschreiben lassen. Ihre Arbeiten sind motiviert durch eigene Fotografien vorgefundener Situationen im städtischen Raum und beschreiben Fragmente, Formen und Oberflächen der Materialkultur im Zeitalter global zirkulierender Informationen. Ein Anliegen ist ihr das Erstellen einer enzyklopädisch angelegten Materialsammlung. So zitiert sie Fragmente der zeichenhaften, postmodernen Architektur, die sie auf Reisen zusammenträgt.

Das Kuratorium ist von der künstlerischen Qualität der Arbeiten von Judith Kakon ausserordentlich überzeugt. Vor allem darum, aber auch vor dem Hintergrund der beschriebenen Werkgruppe unter dem Arbeitstitel Shell_Pizza_Unbrella_Fan_Urinal, spricht sich das Kuratorium für einen Förderbeitrag aus. 

Nadja Kirschgarten

Das Kuratorium freut sich, Nadja Kirschgarten mit einem Förderbeitrag in der Höhe von 22’000 SFr. auszuzeichnen.

Nadja Kirschgartens Malereien überzeugen das Kuratorium durch eine erfrischende Virtuosität in Farbe und Komposition. Dabei finden sich sowohl stilistisch wie auch motivisch kunsthistorische Vorbilder in die Gegenwart übertragen.

Inhaltlich und formal beschäftigt sich Nadja Kirschgarten seit längerem mit dem Thema des Wassers als Symbol des Ursprünglichen und der Natur per se. Wer rund um den Rheinfall aufgewachsen ist, weiss diese Naturgewalt gleichwohl zu schätzen und zu fürchten.

Motivisch stehen Meer, Fluss, See und die damit verbundenen Vegetationen in Vordergrund ihrer Bilder. Zunächst mag die Thematik nicht neuartig klingen, aber gerade in Zeiten grosser Klimaveränderungen, scheint eine Beschäftigung mit dem Element Wasser nie falsch.

Ihre Malereien profitieren stark vom Unterwegssein, der Nähe zum Wasser. So möchte die Künstlerin in den nächsten vier Jahren die Ufer des heimischen Rheins von Zeit zu Zeit verlassen um mit Fotokamera und Skizzenbuch unter dem Arm die Nordsee, den Ärmelkanal, den Atlantik und das Mittelmeer aufzusuchen. Ein längerfristig verfolgtes Ziel besteht darin, ihr Forschungsfeld auf alle Weltmeere auszudehnen.

Gerne unterstützt das Kuratorium die von der Künstlerin geplanten Reisen und ist gespannt auf die weiteren Entwicklungen in Bezug auf Thema, Technik und Stil vor dem Hintergrund der uns bekannten Malerei Kirschgartens. 

Atelierstipendium des Kantons Schaffhausen 2020 

David Berweger

Das Kuratorium freut sich, David Berweger mit dem sechsmonatigen Berlin-Atelierstipendium auszuzeichnen.

Mit viel Gespür fürs Material und handwerklich versiert schafft David Berweger aus einfachen, zuweilen flüchtigen Stoffen Werke, deren ungewöhnliche Beschaffenheit irritiert und zu eingehender Betrachtung herausfordert.

An der Wand wie im Raum haben seine Skulpturen einen direkten Bezug zum menschlichen Körper, nicht nur in Hinblick auf die eigentlichen Funktionen der Gegenstände, sondern auch in ihren räumlichen Ausdehnungen. Die Arbeit „Matrix Digitales“ zeigt so zum Beispiel einen überdimensionalen Handschuh aus Naturkautschuk, daneben befindet sich ein Objekt aus Acrylglas und Chromstahl („Ohne Titel“) und ein ebenfalls stark vergrössertes Namensschild. Der Künstler weiss gekonnt mit Dimensionen und Materialien die Wahrnehmung der Betrachtenden zu verwirren, amüsieren und auf die Probe zu stellen.

Vor dem Hintergrund seines ausgeprägten Interessens an der Dingwelt und der Verschiebung von Bedeutung ebendieser scheint ein 6-monatiger Aufenthalt im Berliner Atelier von grossem Nutzen. Zudem beschäftigt sich eine internationale Künstlerschaft mit ähnlichen Fragen, was zu einem spannenden Austausch führen wird. 

Florian Egli

Das Kuratorium freut sich, Florian Egli mit dem sechsmonatigen Berlin-Atelierstipendium auszuzeichnen.

Florian Egli ist nicht der Bandleader, der seine Seele durch das Saxophon über eine Standard-Rhythmus-Gruppe rotzt. Im Gegenteil ist mit der Gruppe Weird Beard eine Working Band gewachsen, in der Kollektivität im Vordergrund steht. Ganz unterschiedlich geprägte Musiker experimentieren so umsichtig, bis ein Organismus entsteht, in dem jeder vitale Funktionen innehat. Mit dieser Haltung ist die Gefahr der Routine nicht gross, aber die Sorgfalt bedeutet eine Unmenge Arbeit und endlose Geduld, die Florian Egli nun 11 Jahre durchgehend aufgebracht hat – nicht nur für eigene Gruppen, auch für die zeitgenössische Jazzszene als Konzertorganisator. Das Kuratorium freut sich deshalb, dass er sich für einen Aufenthalt im Berliner Atelier beworben hat und wünscht ihm eine inspirierende Zeit im Norden.